Der Staat taugt nicht für die Geldemission

25. Januar 2019

Der Staat taugt nicht für die Geldemission
Der Staat hat seine Unfähigkeit zur gesunden Geldemission schon zur Genüge bewiesen. Dies auch dann, wenn Zentralbanken als unabhängig gelten.

Ein Gastkommentar von Karl Reichmuth | 9.1.2019 | Erschienen in Neue Zürcher Zeitung

Einige Jahre vor Goethes Geburt trieb der Schotte John Law ein verantwortungsloses Experiment mit dem Geldwesen Frankreichs. Es ist gut möglich, dass das bekannte Goethe-Zitat «Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles» aus den damaligen Beobachtungen stammt. John Law stand in den Diensten der überschuldeten französischen Könige. Die Substanzlosigkeit seiner Geldemission unter dem Titel «Mississippi Company» wurde bald offenkundig. Er emittierte neue Aktien gegen Schuldtitel des französischen Staates und wandelte diese Aktiven in ewig laufende Anleihen um. Das führte zur Entschuldung des Staates zulasten der Bevölkerung, die massiv in der Spekulationsblase investiert war. Die anschliessende Verarmung des französischen Mittelstandes war mit ein Grund für die Französische Revolution – die in der Folge die Denkweise in der Gesellschaft veränderte.

«Experiment»

Heute beruhigen bekannte Ökonomen die alarmierende Aufblähung vieler Notenbank­bilanzen mit der Erklärung, dadurch sei ein Teil der seit der Finanzkrise 2008 weiter gestiegenen Staatsverschuldung «neutralisiert». Die geschichtlich wohl erstmalige Nullzinsperiode wird allgemein als Experiment bezeichnet. Das weckt Erinnerungen an die eingangs erwähnte Episode. Auch dieses Mal wird die ungedeckte Geldpolitik zu einer Verarmung breiter Bevölkerungsschichten führen. Dies könnte wiederum gesellschaftliche Umwälzungen zur Folge haben, welche die Demokratie als neue Staatsform gefährden.

Auch dieses Mal wird die ungedeckte Geldpolitik zu einer Verarmung breiter Bevölkerungsschichten führen.

Umbrüche im Geldwesen haben ihren Ursprung meist in der Überschuldung jener Instanz, die das Geld prägt. In der Vergangenheit war die Überschuldung meist durch hohe Kriegsausgaben oder eine luxuriöse Hofführung der Könige verursacht. Heute ist es eine zunehmende Übergewichtung der Sozialausgaben im Staatshaushalt. In den meisten Ländern des Westens beziehen bereits über 50 Prozent der Bevölkerung mehr Geld vom Staat, als sie für staatliche Aufgaben bezahlen. Man hat sich an den Fürsorgestaat «von der Wiege bis zu Bahre» gewöhnt. Verwöhnte zu entwöhnen, ist schwierig – insbesondere, wenn diese Verwöhnten die wichtigste Bevölkerungsgruppe für die eigene Wiederwahl sind.

Weniger aufgrund dieser Gründe als vielmehr im Bauch spüren viele Mitbürger, dass «etwas faul ist» im staatlich gesteuerten Geldwesen, namentlich im derzeitigen Papiergeldexperiment der staatlich gesteuerten Notenbanken. «Kann man aktiv etwas dagegen unternehmen?», lautet die entscheidende Frage. 1971 löste der damalige amerikanische Präsident Richard Nixon den Goldstandard auf. Dies bewegte den grossen Ökonomen Friedrich August von Hayek im Jahre 1976 zur Publikation des Buches «Entnationalisierung des Geldes». Seine Quintessenz kann wie folgt zusammengefasst werden: Die einzige Möglichkeit für die Rückkehr zu einer gesunden Geld­ordnung ist die strikte Trennung von Geldemission und Staat. So hat der Staat seine Unfähigkeit zur gesunden Geldemission schon zur Genüge bewiesen – selbst dann, wenn den Zentralbanken oberflächlich die Unabhängigkeit attestiert wird.

Reale statt nominale Guthaben

Die Idee von Hayek erhält durch die Blockchain-Technologie zusätzlichen Auftrieb. Mit der Technologie kann jedermann Geldemittent werden. Mit inzwischen über 1600 Krypto­währungen sowie einigen Vorschlägen für die Emission privater gedeckter Substanz­währungen steht der Vision von Hayek nichts mehr entgegen. «Nichts ist so stark wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.»

Man hat sich an den Fürsorgestaat «von der Wiege bis zu Bahre» gewöhnt.

Dass in der freiheitlichen Schweiz das Crypto-Valley entstanden ist, das diesen Gedanken praktisch umsetzt, ist kein Zufall. Wichtig ist aber nicht dieses Angebot der Finanzwelt, sondern die Erkenntnis, dass keine Notenbank der Welt – nicht einmal die (noch) gesunde Schweizerische Nationalbank – Vermögende und Vorsorger von der Verantwortung befreit, ihr Angespartes «krisenresistent» anzulegen. Das verlangt, das Geld gut diversifiziert und eher in realen statt nominalen Guthaben anzulegen. Nur so kann das Ersparte langfristig erhalten bleiben.

Photo by Sharon McCutcheon on Unsplash

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